Vertikale Landschaften – Zufall, Schichtung, Wahrnehmung

Das Projekt Vertikale Landschaften entsteht aus einem komplexen Zusammenspiel von analoger Intuition und digitaler Automatik. Ausgangspunkt sind etwa vierhundert meiner Zeichnungen, Grafiken, Skizzen und Malereien – ein Archiv persönlicher Gesten, Linien und Formen, das über Jahre gewachsen ist. Diese ursprünglich analogen Arbeiten werden fotografiert und bilden das Rohmaterial eines generativen Prozesses, der mithilfe von Zufallsalgorithmen neue, unerwartete Kompositionen hervorbringt.

grafik generator – Algorithmus und Entscheidung

Der grafik generator – ein von mir speziell entwickeltes Computerprogramm wählt in unregelmäßigen Intervallen einzelne Ausschnitte aus diesem Fundus in unterschiedlichen Tiefen und Transparenzen und erzeugt daraus kontinuierlich neue Bildkonstellationen. Dieser Prozess vollzieht sich permanent, wobei zu jeder vollen Stunde ein Screenshot gespeichert wird. Zusätzlich greife ich manuell in diesen Prozess ein, wenn sich eine besonders spannungsreiche oder poetische Bildsituation ergibt und speichere einen Moment, bevor er verschwindet. So entsteht ein Dialog zwischen algorithmischer Unberechenbarkeit und bewusster künstlerischer Entscheidung.

vertikale Landschaften

Die Serie vertikale Landschaften zeigt die Ergebnisse dieses Prozesses im Hochformat. Obwohl die Bilder vollständig abstrakt sind, rufen sie beim Betrachten Assoziationen von Landschaften hervor – Horizonte, Schichtungen, Tiefenräume, atmosphärische Übergänge. Im Zusammenspiel mehrerer Werke dieser Serie wird dieser Landschaftscharakter besonders deutlich: Die Abfolge der Bilder erzeugt ein rhythmisches Verhältnis von Verdichtung und Öffnung, von Bewegung und Stillstand, von Zufall und Struktur.

Gedruckt auf Hahnemühle photo rag, mit Passepartout und lasierten Holzrahmen. AUßenmaß 39,5 x 55,5 cm

Technisch gesehen handelt es sich bei diesem Projekt um eine mehrfache Verschachtelung von analogen und digitalen Ebenen. Jede Phase des Prozesses – Zeichnung, Fotografie, algorithmische Überlagerung, Screenshot – fügt eine neue Schicht hinzu, die das Bild transformiert und zugleich Spuren ihres Ursprungs bewahrt. Die digitale Kombination der analogen Elemente ist dabei keine bloße Reproduktion, sondern eine ständige Neukonstruktion von eigenständiger visueller Bedeutung.

Inhaltlich sehr unterschiedlich repräsentieren die Bilder meine persönliche künstlerische Handschrift.

Vertikale Landschaften ist somit auch eine Untersuchung des Verhältnisses von Kontrolle und Zufall, von Autorschaft und Automatismus. Der Computer wird zum Mitautor, die Software zum Werkzeug eines offenen, sich selbst fortsetzenden Prozesses. Aus den Fragmenten früherer und aktueller Arbeiten entstehen neue visuelle Räume, die sich jeder endgültigen Interpretation entziehen.

grafik generator – ein fortlaufendes Experiment

In ihrer Gesamtheit versteht sich die Serie als ein Archiv des Werdens – ein fortlaufendes Experiment, in dem sich Zeichnung, Technik und Wahrnehmung überlagern. Jede Arbeit ist zugleich ein Dokument des Moments und Teil einer unendlichen Variation, ein Ausschnitt aus einem Prozess, der niemals ganz abgeschlossen ist. Neue Arbeiten ergänzen laufend den Bilderpool und somit ändert sich auch allmählich die ästhetische Anmutung der Ergebnisse dieses generativen Gestaltungsprozesses entsprechend meiner eigenen künstlerischen Entwicklung.

Als Ergänzung empfehle ich einen Text zum strukturellen Vergleich von Ergebnissen von Bildern des grafik generators. Die letzten 60 automatisch erzeugten Bilder stehen hier zum Download bereit, die letzten 60 meiner Favoriten hier.

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